Mit einem, durch die Kölner takomat TYPO3 Agentur realisiertem, Flash-Werbespiel möchte die Bayerische Staatskanzlei junge Bürger durch ein Flash-Online-Spiel für den Freistaat begeistern.
Über das, laut Spiegel, „teure Projekt mit peinlichem Ergebnis“ ergieße sich mittlerweile jedoch neben Hohn auch eine gehörige Portion Spott. So spricht das Magazin „Vice“ in seiner Online-Ausgabe zB vom „schlechtesten Spiel der Welt“. Aber, ist dem auch wirklich so?
Ein kleiner Selbstversuch mit ersten Erkenntnissen
Ein kurzer Blick in die Highscoreliste, die „ewige Liste der Heldinnen und Helden Bayerns“, des Spieles zeigt mir – mit unter anderem – die Spieldauer anderer Spieler auf, die im Durchschnitt bei ca. 30 Sekunden liegt (Stand: 13.09.2012 09:00 Uhr). Nur selten scheinen sich Spieler dazu durch zu ringen, länger als eine Minute im Spiel zu verweilen.
Wie bei solcher Art von Werbespielchen üblich, sinkt meine Motivation also bereits kurz nach dem Spielstart um den Faktor 100. Schon die Auswahl der Ausdruckslosen Charaktere war abschreckend, da sie auf mich in keinster Weise ansprechend wirkten.
Nachdem ich, immer noch ohne jedwede Motivation, einige Fragen Bavarias nach dem Schutz der Familie, Bildung und Fortschritt mehr oder weniger sinnlos beantwortet habe, scheint es los zugehen. Ich werde von ihr via Boot aufs andere Ufer gebracht.
Die nächste Fragerunde beginnt, die ich aufs neue unterirdisch beantworte da sie mir vollkommen egal ist. Bavaria verschwindet und hinterlässt lustige Diamanten? (erinnern schon stark an die Sims) zum aufsammeln. Nachdem das Sammel-Prozedere erfolgreich absolviert wurde, erscheint der „Löwen-Wächter“ auf der Brücke, reißt sein Maul weit auf und schüttelt bedrohlich seine Mähne. Es scheint also zur Sache zu gehen. Ich mache mich zum Kampf bereit und taste mich vorsichtig heran. Und es passiert… Nichts!
Nach klick auf den Wächter-Löwen, ich komme sonst nirgends an ihm vorbei, präsentiert sich mir aufs neue Bavaria mit dem Hinweis:
Es gibt keinen anderen Weg – du musst den Löwen-Wächter umgehen.
Wähle zwischen drei Hilfsmitteln und bezahle mit deinen Diamanten, deinem Talisman oder deinem Wissen.
Jetzt weiß ich endlich, warum die meisten Spieler des Flashgames nur um die 30 Sekunden im Spiel verweilen. Ich entscheide mich zur kostengünstigsten Alternative und bezahle mit meinem Wissen. Glück gehabt. Ich weiß zwar nicht, welche Antwort ich gegeben habe, aber ein kleines Löwen-Baby? erscheint. Nach erneutem Klick auf den Wächter-Löwen – ich wusste nicht, was ich ansonsten zu tun habe – verschwinden beide und die lustigen Diamanten erscheinen aufs neue.
Ich entscheide mich, keine Zeit mehr zu vergeuden – da ich den Artikel fertig stellen möchte – und verzichte aufs weitere aufsammeln. Da sich kein Sammeltrieb einstellen wollte, fällt es leicht den Browsertab zu schließen. Aber Pustekuchen! Bavaria gibt sich nicht so leicht geschlagen.
Bevor es mir gestattet wird den Tab zu schließen, muss ich erst noch eine Sicherheitsabfrage bestätigen.
Du spielst gerade das Spiel. Bist du sicher, dass du die Seite verlassen und damit das Spiel beenden möchtest?
Argwohn stellt sich bei mir ein. Ja, ich bin mir sicher!
Browser-Spiel Aufbruch Bayern?
Zugegeben, die Idee an sich ist, streng genommen, nicht wirklich schlecht. Öffentlichkeitsarbeit kann nie wirklich schlecht sein. Das Spiel ist nicht nur online verfügbar, sondern wird auch auf Messen oder Festen eingesetzt. Die bayrische Staatskanzlei bemerkt dazu:
„Mit dem Spiel wollen wir dazu beitragen, Bayern da zu halten, wo es ist: an der Spitze.“
Auch an Selbstvertrauen in die virtuellen Fähigkeiten scheint es dort nicht zu mangeln.
Ein Sprecher sagte SPIEGEL ONLINE:
„Für eine staatliche Behörde gehen wir einen ziemlich kreativen Weg“
So weit – so gut. Und was sagt die Zielgruppe?
Die Kommentare zum Flashgame, die das Netz bislang hervorgebracht hat, sind eindeutig.
Das Magazin „Vice“ spricht in seiner Online-Ausgabe vom „schlechtesten Spiel der Welt“. Die bayerische Landesregierung habe sich mit dem Projekt „für dumm verkaufen lassen“. Die Kommentare zu einem Video, in dem das Spiel als „innerer Gipfelsturm“ eines jeden Bajuwaren mit vielfältigen Spielmöglichkeiten beworben wird, dokumentieren das Entsetzen über das Programm. „Ich schäme mich für das Spiel, weil ich aus Bayern komme“, heißt es dort. Und: „Oh Gott, ich dachte, es sei eine Parodie. Das ist ja echt.“
Naturgemäß wiegelt der Auftraggeber, die bayrische Staatskanzlei, ab und erklärt, dass das Angebot nicht für „Profi-Zocker“ gedacht sei und weiter:
„Dass wir damit nicht den Preis für das beste Computerspiel gewinnen, ist uns bewusst.“ Es sei vielmehr ein einzelner Teil in einem „breiten Strauß“ an Kommunikationsstrategien. In der Kanzlei wird das Spiel zumindest gerne gespielt, so der Sprecher: „Ich höre die Spielmusik oft aus den Zimmern – natürlich nur in der Mittagspause.
Auch der Kölner Hersteller des Flashgames, die takomat Good Game Agentur gibt sich, ganz im Zeichen Bavarias, Siegesgewiss.
Aufbruch Bayern – Das Spiel!
Bayerisches Staatskanzlei kommuniziert den Aufbruch Bayern mit einem Good Game von takomat. onlinespiel.aufbruch.bayern.de
Helden brechen auf!
…zum Gipfel, Abenteuer oder in die Zukunft!
Im innovativen Bayern – wo sich Laptop & Lederhose „Guten Morgen!“ sagen, geht das jetzt auch mit einem Computerspiel.
Die Bayerische Staatskanzlei macht den Aufbruch Bayern mit einem Good Game von takomat erfahr- und spielbar und ermöglicht ihren Bürgerinnen, Bürgern und denen, die‘s werden wollen, zu ihrem eigenen inneren Gipfelsturm aufzubrechen! So kann jeder in Bayern Heldin oder Held für Familie, Bildung oder Innovation werden. Auf geht‘s, Bavaria erwartet euch schon!
Fazit „Good Game Aufbruch Bayern“
Wie dem auch sei. Ich bin zwar gerne ein Held in Computerspielen und stelle mich jederzeit den mannigfaltigsten Aufgaben und Gefahren, aber diese Selbstbeweihräucherung über das Werbespiel erklärt sich selbst ad absurdum und stellt so einiges aufs Abstellgleis.
Das hat ein Werbespiel nun wirklich nicht verdient!
Des weiteren hoffe ich natürlich, dass Bavaria ein nachsehen mit dem Werbespiel hat und Wünsche den Game-Designern in Köln auch weiterhin viel Erfolg mit ihren Good Game Kreationen.
Gerüchten zufolge (laut Spiegel online) soll die Spielproduktion ja um die 100.000 Euro gekostet haben.
Ich, für meinen Teil, bleibe lieber in Nordrhein-Westfalen und erstürme hier die umliegenden Gipfel.
Lederhosen, Werbespiel und Co. lasse ich da wo sie hingehören. In Bayern und Köln!
Quelle: Spiegel, Takomat, Das Flash-Werbespiel Aufbruch Bayern
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